Mein
Freund Manfred und ein Junge aus einer höheren
Schulklasse hatten mich eingeladen".
Ich war acht Jahre alt. Aus irgend welchen
Gründen fielen die letzten Unterrichtsstunden
aus. Der Schnee taute, überall Matsch.
Machst du mit?", fragte Manfred.
Wobei?"
Ob du mitmachst?"
Lass ihn, der macht doch nicht mit",
mischte sich der andere Junge aus der höheren
Klasse ein, an dessen Namen ich mich nicht
mehr erinnere.
Machst du nun mit oder nicht?",
bohrte Manfred erneut.
Ich muss doch wissen...", begann
ich.
Entweder du machst mit, oder nicht."
Komm, das is'n Feigling", sagte
der aus der höheren Klasse.
Das war gemein. Ich wollte kein Feigling
sein und stimmte schließlich zu, ohne
zu wissen, worum es ging. Manfred ließ
mich daraufhin in seine hohle Hand blicken,
die er halb aus der Hosentasche gezogen
hatte. Schnell schob er sie wieder zurück.
Nun kannte ich das Geheimnis seiner Hosentasche:
Ein Packung Sport. Sport stand damals auf
den Zigarettenschachteln. Den einzigen Zigaretten,
die es gab. Lang und breit berieten wir,
wo es geschehen sollte. Schließlich
entschieden wir uns für das Klo in
meinem Geburtshaus. Meine Großmutter
und die übrigen Familienmitglieder
benutzten es nicht. Wir hatten unseren eigenen
Lokus hinter dem Schuppen. Das Plumpsklo
im Haus wurde nur von Looks und Kiewitz'
benutzt. Und die waren alle zur Arbeit.
Dort wären wir also ungestört.
Das Loch in der hölzernen Sitzfläche
wurde mit einem Deckel abgedeckt. Es war
eng. Nur zwei konnten zur selben Zeit sitzen.
Der dritte musste stehen. Manfred und der
andere hatten schon Erfahrungen mit Zigaretten
und kicherten, als ich nach dem ersten Zug
einen Hustenanfall bekam. Am Anfang
darfst'e nich' so ziehn'", belehrten
sie mich fachmännisch. Bei der dritten
Zigarette hatten ich es dann raus und stieß
den Rauch genüsslich durchs winzige
Klofenster.
Die Packung Sport enthielt zehn Zigaretten,
also für jeden drei. Wir rauchten eine
nach der anderen. An der zehnten zog dann
jeder mal, bis auch die nur noch Asche war.
Oft hört man, dass Jungen in jenem
Alter nach der ersten Zigarette übel
werde. Mir wurde nicht übel, wirklich
nicht.
Und vergiss nicht, Schnee zu essen",
ermahnten mich die beiden, als wir fertig
waren.
Ich muss sie wohl fragend angeblickt haben,
weil ich nicht kapierte, wozu das gut sein
sollte.
Sonst merkt deine Oma es doch gleich,
der Rauch", sagte Manfred und wedelte
mit der Hand vor dem geöffneten Mund.
Na und, dachte ich, aß draußen
aber gleich brav ein paar Hände Schnee.
Anschließend trennten wir uns. Ich
ging um die Hausecke und betrat Großmutters
warme Stube.
Wo warst du!?", herrschte Tante
Grete mich an. Der Ton gefiel mir nicht.
Wieso war sie zu Hause? Sollte sie nicht
auf dem Feld sein. Hinter der Tür erblickte
ich Frau Look, die sollte doch eigentlich
auch auf dem Feld sein. Was war hier los?
Oma saß schweigend auf ihrem Stuhl
am Tisch.
Was hast du gemacht? Hauch mich mal
an!", sagte Tante Grete streng.
Wie viel Zigaretten hast du geraucht?"
Drei", gestand ich verwirrt...
Über
die Bank, aber schnell!
Und
dann setzte es Stockhiebe von bester Qualität.
Meine Großmutter hätte nie so
heftig zugeschlagen und ich glaube, sie
war es auch, die meiner Tante Grete Einhalt
gebot. Der schien es eine wahre Freude zu
sein, mich wimmern zu hören.
Was
war geschehen? Auch Frau Look war früher
vom Feld gekommen, weiß der Teufel
warum. Sie hatte aufs Klo gewollt. Das war
von innen verriegelt, sie hörte uns
plaudern und roch den Rauch. Schnurstracks
war sie ums Haus und hatte gerade meiner
Großmutter und Tante Grete ihre Beobachtung
erzählt, als ich eintraf.
Später
erfuhr ich, dass Manfred nur mit einer Ohrfeige
gestraft worden sei. Er hatte erzählt,
dass er nur eine halbe Zigarette probiert
habe. Nur ich hatte naiv drei Zigaretten
gestanden. Naiv hatte ich auch diese ersten
Zigaretten geraucht. In der Familie rauchten
nur Bruno und Alfred gelegentlich eine.
Mir war nicht bewusst, dass nur Erwachsene
rauchen durften. Nie zuvor hatte man mich
entsprechend belehrt oder es gar verboten.
Wahrscheinlich hielten mich, den Achtjährigen,
alle für viel zu einfältig, trauten
mir eine derartige Tat nicht zu.
Zur
Rechtfertigung bekam ich keine Chance. Ich
hätte damals wahrscheinlich auch nicht
gewusst, wie ich sie nutzen könnte.
Denn die Erwachsenen hatten grundsätzlich
recht. Es war nicht üblich, das in
Frage zu stellen.
|